Zum Inhalt springen

Interreligiöser Gesprächsabend:Maria im Koran als Herausforderung für Islam und Christentum

Beim letzten interreligiösen Gesprächsabend vor der Sommerpause konnten sich die Teilnehmenden auf einen spannenden Gast freuen: Klaus von Stosch, einer der wichtigsten Vordenker der komparativen Theologie in Deutschland, berichtete aus seinen Forschungen zu Maria im Koran. Nicht nur in der Bibel, sondern auch im Koran kommt Maria eine zentrale Rolle zu. Von Stosch erläuterte den Anwesenden die Relevanz Mariens nicht nur für die theologische Forschung und den interreligiösen Dialog. Er ordnete den Bericht über sie auch in seinem historisch-politischen Kontext ein. Mitveranstalter war das Kunst- und Bildungsforum Rhein-Sieg.
Abendveranstaltung zum Thema 'Maria im Koran im Katholisch-Sozialen Institut in Siegburg. Kooperationspartner: Kunst und Bildungsforum Siegburg (KuBiFo)
Datum:
17. Juni 2024
Von:
Andreas Kaul
Interreligiöse Gesprächsrunde im KSI

von Julia Schneider

Als am Abend des elften Juni 2024 das KSI und das KuBiFo gemeinsam die Pforten des Josef-Frings-Forums für den interreligiösen Gesprächsabend öffneten, waren schnell alle verfügbaren Plätze belegt. Das Interesse an der Veranstaltung mit Prof. Dr. Klaus von Stosch war so groß, dass vor und während des Vortrags immer wieder Stühle herbeigeschafft und aufgestellt wurden.

Herr von Stosch stellte vor einem circa hundertköpfigen interreligiösen Publikum seine Forschungsergebnisse zu Maria im Koran vor. 

Maria ist die einzige Frau im Koran, die namentlich erwähnt wird und öfter als im gesamten Neuen Testament der Bibel. Ihr ist eine ganze Sure gewidmet. Sie gilt als Brückenfigur, aber sie ist auch eng mit den Konflikten beider Religionen verknüpft. Klaus von Stosch untersuchte in seinen Forschungsarbeiten die theologische Bedeutung Mariens, basierend auf dem Koran. Daraus lassen sich auch für die christliche Marienverehrung Erkenntnisse ziehen. Die Ergebnisse veröffentlichte er zusammen mit der islamischen Theologin Prof. Dr. Muna Tatari in ihrem gemeinsam verfassten Buch „Prophetin-Jungfrau-Mutter. Maria im Koran“. 

Nach der Begrüßung durch den KSI-Referenten André Schröder, wurde mit einem gemeinsamen, multireligiösen Gebet der Vortragsabend begonnen. 

Klaus von Stosch startete seinen Vortrag mit dem historischen Hintergrund der Maria gewidmeten Koransure, wo er den relevanten politischen Kontext zur Zeit der Herabsendung des Korans an den Propheten Muhammad betrachtete. Zu dieser Zeit wurde die Marienverehrung von dem christlichen Kaiser Justinian im oströmischen Reich, das sich bis in den arabischen Raum erstreckte, stark vorangetrieben. 

Anschließend präsentierte der Referent Maria als Brückenbauerin, indem er die Rolle des Zacharias und seines Sohnes, Johannes der Täufer, einging. Biblisch wird Zacharias auf die Hinweisfunktion auf Jesus reduziert. Anders im Koran, wo ihm die Aufgabe zukommt, die priesterliche Rolle Israels weiterhin fortzuführen. Ein weiterer Unterschied ist, dass sich Maria im Koran zur Geburt Jesu in völliger Einsamkeit, ohne jegliche Begleitung, an einen Ort im Osten zurückzieht und sich von den anderen Menschen abschirmt. 

Maria ist im Koran als „Zeigestab auf Jesus“ umschrieben. Sie wird sowohl im Christentum, als auch im Islam so dargestellt, dass sei auf Jesus deutet. Diese Darstellung war sehr weit verbreitet. 

Die Mehrdeutigkeit der Figur „Maria“ bringt zahlreiche Chancen für den interreligiösen Dialog mit sich. Sie gilt als Vorbild im Glauben, Bringerin des Wortes Gottes und verändert das Gottesbild hin zu einem barmherzigen Gott. Sie gilt in Koran und Bibel als erwählt und über alle Frauen erhoben und wird deshalb verehrt. 

Es gibt eine Reihe von Prallelen zwischen dem Schicksal Mariens und dem des Muhammad. Ihre Verwundbarkeit, die Schmerzen und das Unverständnis, mit dem sie konfrontiert war, ist auch dem Propheten Muhammad nicht fremd. Beispielweise wurde er bei der Hidschra vertrieben, so wie sich Maria für der Geburt ihres Sohnes in die Einsamkeit begab.

Maria ist im Koran nicht nur die am meisten genannte Frau, sondern eine theologisch wichtige Figur, der über die Nennung ihres Namens hinaus eine große Bedeutung als Freundin und Botin Gottes zukommt. Sie kann als Schlüsselfigur zum eigenen Glauben unabhängig von der Religionszugehörigkeit zum Islam oder dem Christentum werden. Maria bringt in beiden Religionen das Wort Gottes zu den Menschen. So wie Muhammad als Prophet des Islam den Koran als Wort Gottes zu den Menschen bringt, tut sie dies mit dem fleischgewordenen Wort Jesus Christus im Christentum. 

Abgerundet wurde der Abend von Zehra Sobacı, die ein selbst verfasstes Gedicht über Maria mit eigener musikalischer Begleitung vortrug. 

Wenn Sie nun auch Lust bekommen haben, sich mit interreligiösen Themen auseinanderzusetzen und sich dazu auszutauschen, schauen Sie gerne bei den interreligiösen Gesprächsabenden im KSI vorbei. Der nächste Termin ist der 20. August.

Wir freuen uns auf Sie!